Nachhaltige Software: Unterschied zwischen den Versionen
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Eine stringente, allgemein anerkannte Vorgehensweise zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ist uns nicht bekannt. Sinnvoll scheint zunächst eine Unterscheidung folgender Phasen (die nicht notwendigerweise streng-sequenziell im problematischen [http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserfallmodell "Wasserfall"-Vorgehen] zu durchlaufen sind): |
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* S2 Die Software unterstüzt weit verbreitete Dateiformate für den Datenimport und -export. |
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Version vom 25. Februar 2014, 14:45 Uhr
Dieser Beitrag ist noch in einer Rohversion, wir haben noch nicht alle Aspekte ergänzt...
- Zur Motivation siehe Vorbemerkung auf der Diskussionsseite.
- Anregungen und kritische Bemerkungen sind sehr willkommen!
Einleitung
Aspekte der Nachhaltigkeit werden heute intensiv mit Blick auf die Hardware-Komponenten informationstechnischer Systeme diskutiert (Stichwort "Green IT"). Für den Bereich der Software-Entwicklung werden in verschiedenen aktuellen Forschungsprojekten zwar verstärkt und mit Erfolg entsprechende Überlegungen angestellt, jedoch ist der diesbezügliche Diskussionsprozess sicherlich noch nicht als abgeschlossen anzusehen.
Zunächst ist festzustellen: Die Entwicklung und Nutzung informationstechnischer Systeme ist grundsätzlich mit einem Verbrauch von Ressourcen (Energie, Rohstoffe etc.) verbunden. Systemoptimierungen unter dem Aspekt der Energieeffizienz sind zwar wünschenswert, lösen diese Problematik jedoch sicherlich nicht: Ein energieeffizientes IT-System ist zwar weniger "schlimm" als seine ineffiziente Variante, lässt sich aber sicherlich nicht allein auf Grund eines minimierten Energiebedarfs als "nachhaltig" bezeichnen. Insofern stellt sich die Frage, ob und ggf. wie sich informationstechnische Systeme schaffen lassen, deren (umfassend betrachtete) Auswirkung auf die Umwelt nicht-negativ ist.
An dieser Stelle unseres Wikis soll beschrieben (und diskutiert) werden, was wir im Umfeld des ENE-Projektes unter nachhaltiger (im Gegensatz zu langlebiger!) Software und unter nachhaltigen Software-Engineering-Prozessen verstehen. Sinnvoll scheint eine Unterscheidung zwischen Software-Anwendung (Nutzung) und Software-Entwicklung (Herstellprozess). Demgemäß sollen nachfolgend mit Blick auf die im ENE-Projekt zu Grunde gelegte Nachhaltigkeitsdefinition die Begriffe der nachhaltigen Software und der nachhaltigen Software-Entwicklung präzisiert werden. Unter anderem stellt sich in diesem Kontext auch die Frage, inwieweit der Begriff der Digitalen Nachhaltigkeit konform ist zu dem im ENE-Projekt verwendeten Nachhaltigkeitsbegriff.
Wodurch zeichnet sich "nachhaltige Software" aus?
In der Literatur recht breit akzeptiert ist der Vorschlag von Dick, Naumann & Kuhn (2011), nachhaltige Software wie folgt zu definieren: "Sustainable software is software whose direct and indirect negative impacts on economy, society, human beings, and environment resulting from development, deployment, and usage of the software is minimal and/or has a positive effect on sustainable development." Mit Blick auf die Zielsetzung des ENE-Projekts ist die erstgenannte Teilbedingung ("minimal impact") an dieser Stelle sicherlich als zu "unambitioniert" einzustufen, so dass im Weiteren die zweite Bedingung greifen sollte ("positive effect").
Häufig verwendet wird daneben der Begriff der Digitalen (oder Informationellen) Nachhaltigkeit, für den mehrere verschiedene Definitionen (oder vielleicht treffender ausgedrückt: verschiedene mit dem gleichen Begriff belegte Konzepte) existieren. Recht verbreitet sind die Definitionen von Dapp (ETH Zürich) und Stürmer (Parlamentatische Gruppe "Digitale Nachhaltigkeit" in der Schweiz), die Wissen als immaterielle Ressource auffassen und den Nutzungsaspekt von Information inklusive offener Zugangsmöglichkeiten in den Vordergrund stellen. Insofern scheint diese Sicht (die erfreulicherweise stark die Open-Source-Philosophie stützt) gegenüber der vorgenannten Definition mit Blick auf das ENE-Projekt zu sehr auf die soziale Dimension reduziert (vgl. auch Martens 2013, der den Nachhaltigkeitsbegriff für unpassend gewählt hält in Verbindung mit diesem Konzept, da dieser Ansatz nicht auf die Schonung natürlicher Ressourcen abzielt), so dass wir es zunächst bei folgender Definition belassen:
- Nachhaltige Software zeichnet sich dadurch aus, dass die direkten und indirekten negativen ökonomischen, sozialen und ökologischen Auswirkungen, die sich aus der Entwicklung, dem Betrieb und der Verwendung der Software ergeben, minimal und zudem mit Blick auf eine nachhaltige Entwicklung positiv sind.
In der Folge muss "digital nachhaltige" Software nicht per se nachhaltig in unserem Sinne (Link zu unserer Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs) bzw. im Sinne der oben stehenden Definition sein!
Was verstehen wir unter "nachhaltiger Software-Entwicklung"?
Eine explizite Definition des Begriffs der "nachhaltigen Software-Entwicklung" ist an dieser Stelle nicht erforderlich, denn oben stehende Definition für "nachhaltige Software" beinhaltet bereits den Entwicklungsprozess. Trotzdem können viele Entwurfsentscheidungen während dieses Prozesses entscheidenden Einfluss auf das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele haben.
Negativ-Beispiele, die sich z. B. aus einem ungeeigneten Systementwurf ergeben können:
- Die Anwendung hat unangemessen hohe Hardware-Voraussetzungen und zwingt den Anwender zum Kauf eines neuen Computers, obwohl der "alte" ansonsten noch gut läuft.
- Eine millionenfach aufgerufene Funktion (z. B. innerhalb einer Massenanwendung mit sehr großer Nutzerzahl) arbeitet algorithmisch ineffizient und führt somit zu einer sehr hohen CPU-Last und einem hohen Energieverbrauch.
- Die Anwendung verwendet proprietäre Datenformate und ein Import der eigenen Daten in andere Systeme ist nicht vorgesehen.
- Es wird nur ein bestimmtes Betriebssystem und ein bestimmter Gerätetyp unterstützt. (Bem.: Dass der Verbraucher bei einem Gerätewechsel u. U. eine neue Software erwerben muss, ist dabei für den Entwickler möglicherweise erfreulich, unter dem Nachhaltigkeitsaspekt unerheblich. Hier geht es vielmehr um den Herstellaufwand der Software.)
- Eine Anwendung zum Abruf von Video-Dokumenten lädt bei jedem späteren Abruf das gesamte Dokument erneut über das Web (kein lokales Caching, keine Download-Möglichkeit).
- Eine App führt zu einem sehr hohen Energieverbrauch (siehe auch Diskussion), da sie eine permanente mobile Web-Verbindung und zusätzlich ein GPS-Signal benötigt.
TODO: bessere/weitere Beispiele?
Hingegen dürften nachstehende Positiv-Beispiele unserer Kriterium erfüllen:
- S1 Die Anwendung ermöglicht die praktische Durchführung einer Tätigkeit, welche einen positiven Effekt auf die Umwelt hat. Beispiele:
- ein GIS-Werkzeug zur Optimierung des Standorts einer Windkraftanlage
- eine E-Government-Anwendung (digitale Formulare per Internet statt Papier und Fahrt zum Amt)
- ein Soziales Netzwerk, das seine Mitglieder dazu veranlasst, nachweislich mehr Energie zu sparen als Konzeption, Aufbau und Betrieb des Netzwerks benötigt haben/benötigen ;-) (wobei eine positive Gesamtbilanz nachzuweisen wäre).
- S2 In der Anwendung ist konzeptionell ein Mechanismus verankert, durch den ein Beitrag zur Verbesserung des ökologischen Zustands der Erde geliefert wird, z. B. indem automatisch durch die Nutzung der Anwendung Geldbeträge an nachhaltige Projekte gespendet werden.
- Beispiel: Ecosia (das übrigens im Design der Blackle-Version der Google-Suchmaschine als Massenanwendung noch nachhaltiger wäre).
Nachstehende Beispiele sind im Einzelfall genauer zu untersuchen hinsichtlich ihrer tatsächlichen Nachhaltigkeit, scheinen jedoch zumindest in die positive Richtung zu tendieren:
- D1 Einzelne Systemteile (z. B. Web-Dienste oder Datenbestände) lassen sich auch in Fremdsystemen oder späteren Neuentwicklungen direkt verwenden.
- D2 Das System ist skalierbar.
- D3 Die Anwendung lässt sich leicht um neue Funktionalität erweitern.
- D4 Ein System bietet langlebige Interfaces an, wodurch nach Änderung der Implementierung (z. B. System-Update) die Applikationen, die diese Interfaces nutzen, weiterhin lauffähig sind.
- D5 Fehler in einer Anwendung lassen sich Nutzer-seitig reparieren. (Dies erfordert eine geeignete Dokumentation, z. B. API-Beschreibung.)
- D6 Eine Web-Anwendung wird in einem Rechenzentrum gehostet (und/oder wird in einem Softwarehaus entwickelt), das seinen Strom aus regenerativen Energiequellen bezieht.
TODO: bessere/weitere Beispiele?
Die Beispiele D1 bis D6 machen deutlich, dass mit Blick auf die Nachhaltigkeitseigenschaft nicht einzelne Merkmale entscheidend sind. Vielmehr muss sich eine positive Gesamtbilanz ergeben, wobei z. B. effizienzverbessernde Maßnahmen wesentliche Beiträge zu einer Bilanzverbesserung liefern können.
Vorgehensmodell
Eine stringente, allgemein anerkannte Vorgehensweise zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele ist uns nicht bekannt. Sinnvoll scheint zunächst eine Unterscheidung folgender Phasen (die nicht notwendigerweise streng-sequenziell im problematischen "Wasserfall"-Vorgehen zu durchlaufen sind):
- Zielabgrenzung ("Scoping")
- Identifikation von Nachhaltigkeitsindikatoren
- Bilanzprognose
Scoping
TODO
- Bem.: Tätigkeit ist im Regelfall im zeitlichen Abständen zu wiederholen ("Rescoping").
Nachhaltigkeitsindikatoren
TODO evtl. IMAGINE-Ansatz?
- Idee: Rodriguez & Penzenstadler (2013) schlagen vor, umfassend für alle Stakeholder-Gruppen jeweils bedeutsame und relevante Nachhaltigkeits-Indikatoren zu identifizieren und während des Projektverlaufs zu verfolgen.
Bilanzprognose
TODO
- Bem.: Prognose ist zu erneuern nach Rescoping.
Leitsätze für die nachhaltige Software-Entwicklung
Für praktische Software-Entwicklungsprozesse dürften Leitsätze und Richtlinien zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten weitgehend fehlen.
- Welche Leitsätze (und Kriterien) lassen sich für nachhaltige Software-Entwicklungen benennen?
- Lassen sich "Gestures" im Sinne einer Selbstverpflichtung für die Software-Entwickler zusammentragen (siehe dazu unseren Beitrag für das "Oracle du papillon")? Beispielsweise scheinen die Eigenschaft S2 und die Geste M10 ebenso "homomorph" wie D1 und H9, D2 und H7 oder D5 und C9.
Entwicklungsphasen-bezogene Betrachtung
Anforderungsanalyse
An dieser Stelle sei lediglich der potenziell positive Einfluss partizipativer Elemente innerhalb dieser Entwicklungsphase genannt (vgl. Diskussion bei Mahaux 2013). Weitere Ausführungen siehe zahlreiche weitere Literaturquellen.
- D7 Während der Anforderungsanalyse gibt es weitreichende Partizipationsmöglichkeiten für alle Interessensbeteiligten (Stakeholder).
Systementwurf
Leitsätze für den Systementwurf (u. a. Systemarchitektur, Schnittstellen der Komponenten, Feinentwurf):
- ...
- ...
- ...
TODO!! Hier ist u. a. die SW-Architektur mit ihren wiederverwendbaren Diensten zu nennen!
Implementierung
Leitsätze für die Implementierung:
- ...
- ...
- ...
TODO
Test, Integration, Qualitätssicherung
Hier zunächst nicht weiter betrachtet, siehe Literatur.
Anwendungsdomänen-bezogene Betrachtung
Web-Anwendungen
Leitsätze für die Entwicklung nachhaltiger Web-Anwendungen sind z. B. bei Naumann et al. zu finden.
TODO u. B. Lightweight-Profile von WS nennen -> Reduz. Traffic, CPU-Last, Aufwand bei Inwertsetzung, ...
Geoinformation
TODO Benno (INSPIRE-Richtlinie z. B. kritisch unter dem Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit)
Open-Source-Software und Nachhaltigkeit
Eingangs wurde der Begriff der "Digitalen Nachhaltigkeit" diskutiert, der nicht zwingender Weise mit einer Nachhaltigkeit in unserem Sinne einher gehen muss. Martens (2013) schlägt daher die (vielleicht treffendere) Bezeichung "Digitale Allmende" vor, was sich (überraschenderweise?) in etwa mit "digital commons" in die englische Sprache übersetzen ließe. Unabhängig von der verwendeten Begrifflichkeit ist in diesem Umfeld die Open-Source-Philophie von zentraler Bedeutung. An dieser Stelle sei die Frage gestellt, ob und ggf. wie Open-Source einen positiven Betrag zu nachhaltiger Software liefert.
Zu nennen sind folgende Aspekte:
- Open-Source ist unter dem Aspekt der sozialen Gerechtigkeit als positiv zu bewerten. (Das gilt allerdings nur für diejenigen, die Zugang zum Internet haben und die Quellen in Wert zu setzen verstehen - wie ist da die Situation z. B. für die Bevölkerung Ugandas?)
- Steht der Quellcode zur Verfügung, lassen sich Fehler in einer Anwendung beheben (siehe oben stehende Eigenschaft D5).
- Nutzbarkeit bereits entwickelter, veröffentlichter Konzepte für weitere Software-Entwicklungen (Effizienzaspekt)
- Wer arbeitet Ressourcen-effizienter: 40 Leute, die 4 Stunden auf dem Quellcode arbeiten oder 2 Leute, die jeweils 80 Arbeitsstunden zur Verfügung haben?
- ...
- ...
TODO: @Andreas, Peter: Weitere Punkte?
Zertifizierung von Nachhaltigkeit
TODO: Diskussion dieses Aspekts (Sinnhaftigkeit, Möglichkeiten, ...)
Verhaltensweisen für den Software-Nutzer
Aus den angestellten Überlegungen lassen sich Verhaltensweisen für den Software-Konsumenten (im Sinne des im ENE-Projekt verwendeten Gesture-Begriffs) ableiten:
- S1 Die Software stellt niedrige Anforderungen an die Hard- und Betriebssystem-Ressourcen.
- S2 Die Software unterstüzt weit verbreitete Dateiformate für den Datenimport und -export.
- S3 Ich achte darauf, dass die Software nicht unnötigerweise permanent online ist und sich auch offline betreiben lässt.
- S4 Wenn eine nachhaltige Software-Alternative zur Verfügung steht, bevorzuge ich diese.
- S5 Ich achte darauf, dass die Software Erweiterungsmöglichkeiten und Programmierschnittstellen bietet.
- S6 Wenn eine etablierte Open-Source-Alternative bereit steht, so bevorzuge ich diese.
- S7 ...
- S8 ...
- S9 ...
- S10 ...
TODO: Das ist unbedingt noch zu diskutieren, ob das überhaupt Sinn macht! TODO: Wem fällt noch mehr ein?
Fazit
Zusammenfassend lassen sich folgende Erkenntnisse festhalten:
- Der Begriff der "nachhaltigen Software" ist nicht gleichbedeutend mit dem der "effizienten Software".
- Die Betrachtung ist nicht auf einzelne Maßnahmen und Software-Merkmale zu beziehen. Vielmehr muss die Gesamtbilanz positiv im Sinne der Nachhaltigkeit sein.
- Open-Source-Software kann nennenswerte positive Beiträge zu Erreichung des Nachhaltigkeitsziels leisten (tut es aber nicht immer!). Auch proprietäre "Closed-Source"-Software kann allerdings durchaus nachhaltig sein.
- Ziel weiterer Aktivitäten im Umfeld "Nachhaltige Software-Entwicklung" sollte eine Sensibilisierung der Software-EntwicklerInnen für dieses global-wichtige Thema sein.
TODO: weitere Punkte/Erkenntnisse?
Referenzen
- Dick, M., S. Naumann & N. Kuhn (2010): A Model and Selected Instances of Green and Sustainable Software. Proceedings of the 9th IFIP TC 9 and 1st IFIP TC 11 International Conference, Brisbane, Australia, Sept. 2010, pp. 248-259.
- Penzenstadler, B., V. Bauer, C. Calero & X. Franch (2012): Sustainability in Software Engineering: A Systematic Literature Review. Evaluation & Assessment in Software Engineering (EASE 2012), Proceedings, Ciudad Real, Spain, May 14-15, 2012, pp. 32-41.
- Martens, K.-U. (2013): Digitale Nachhaltigkeit. In J. Kegelmann & K.-U. Martens, Hrsg.: Kommunale Nachhaltigkeit, Nomos-Verlag, S. 304-315.
- Rodriguez, A. & B. Penzenstadler (2013): Applying the IMAGINE Approach to Software Systems. Proceedings of the 2nd International Workshop on Requirements Engineering for Sustainable Systems, Rio, Brasil, July 15, 2013.